Konstrukteure, die zum ersten Mal 3D-Sanddruckgussteile bestellen, stellen häufig die Frage nach den verfügbaren und einsetzbaren Werkstoffen. Die kurze Antwort: Alles, was mit konventionellem Sandguss an Werkstoffen möglich ist, geht genauso auch mit 3D-Sanddruck: von Alu über Eisen bis hin zu Stahl.
Die differenziertere Antwort: Abgesehen von den gewünschten Eigenschaften des späteren Gussteils spielt bei der genauen Materialauswahl die Bauteilgeometrie eine wichtige Rolle, um ein sauberes Ausfüllen der Form und einen guten Erstarrungsprozess zu gewährleisten. Da der 3D-Sanddruck gerade bei der Geometrie von Gussteilen neue Möglichkeiten eröffnet, gibt es deshalb auch Implikationen für die Werkstoffauswahl. Die arbeiten wir hier zunächst kurz für Eisenguss ab. Alu und Stahl werden wir an anderer Stelle behandeln.
Innerhalb der Kategorie Eisenguss allein gibt es natürlich eine ganze Fülle an Werkstoffen, die zudem noch weiter verfeinert und eingestellt werden können. Bei CASTFAST bieten wir momentan als Standard die Werkstoffgruppen GJL (Gusseisen mit Lamellengraphit) und GJS (Gusseisen mit Kugelgraphit) an.
GJL ist das klassische „Grauguss“-Material. Es eignet sich super für Teile, bei denen es mehr auf Bearbeitbarkeit als auf extreme Festigkeit ankommt. GJS hingegen, der Sphäroguss, ist der Alleskönner – stärker und zäher, eine gute Wahl für anspruchsvollere Anwendungen. Er kann oft Stahl ersetzen, was beim Gießen einen riesigen Unterschied macht. Eisen zu gießen ist einfacher als Stahl zu gießen. Der Kohlenstoff in der Schmelze „wächst“, erhöht also sein Volumen, beim Erstarren und erzeugt damit Druck und macht das Gefüge dichter. Bei Stahl passiert das nicht. Das Resultat ist gießtechnisch Schwund, den man aufwendig kontrollieren muss.
Ein wichtiger Punkt ist die spezifische Druck- und Zugfestigkeit von Gusseisen. GJL-Materialien haben eine ausgezeichnete Druckfestigkeit, was sie ideal für Anwendungen macht, bei denen es auf hohe Belastbarkeit unter Druck ankommt. GJS-Materialien hingegen zeichnen sich durch ihre überlegene Zugfestigkeit aus, was sie für Anwendungen unverzichtbar macht, bei denen das Material Zugkräften standhalten muss.
Diese Unterschiede in den Festigkeitseigenschaften ermöglichen es uns, für nahezu jede Anforderung die passende Lösung anbieten zu können. So hat ein GJL vielleicht nur 200 MPa Zugfestigkeit, aber bis 800 MPa Druckfestigkeit. Das kann man in der Konstruktion ausnutzen! Darüber hinaus zeichnet sich GJL durch eine sehr gute Wärmeleitfähigkeit und ein hohes Dämpfungsvermögen aus. Gerade die schwingungsdämpfenden Eigenschaften machen GJL zu einem beliebten Werkstoff für Maschinenbauteile.
Im 3D-Sanddrucker erzeugte Formen machen aufgrund der Präzision des Prozesses und der Konstruktionsfreiheit komplexere, dünnwandigere, filigranere Gussteile möglich. Wenn das auf die Spitze getrieben wird, hat es wichtige Implikationen für die Werkstoffauswahl.
Prinzipiell fließen die GJL-Werkstoffe besser. Sie sind auf der Mikroebene „flüssiger“. GJL kann also auch komplexe Formen mit sehr dünnen Wandstärken gut füllen. Das Problem ist dann: Dünne Wand heißt schnelle Abkühlung, was ein GJL-Material schnell sehr spröde machen kann. Diese Sprödeproblematik haben auch die GJS-Werkstoffe. Aber sie sind von Haus aus schon zäher. Sie reagieren im Hinblick auf ihre Gefügeeigenschaften toleranter auf schnelles Abkühlen, sind aber auch im flüssigen Zustand zäher und fließen nicht so gut.
In der Praxis wägen wir deshalb immer individuell ab, um das richtige Material zu finden. Anfangen sollte man als Konstrukteur aber mit den gewünschten Bauteileigenschaften. Über die gießereitechnischen Erwägungen in Grenzfällen kümmern wir uns. Bisher haben wir immer eine Lösung gefunden!
Interesse am Ausprobieren? Hier geht es zu unserem Kalkulator. Mehr zu den Werkstoffen im Detail gibt es in der Tabelle unten. Trotzdem noch Fragen? Wir helfen gern.
Einsatzbereiche
Leicht (zug-)belastete Bauteile wie kleine Gehäuse, Maschinenbetten für leichte Maschinen, Abdeckungen, Rahmen für elektrische Maschinen.
Eigenschaften
Gute Bearbeitbarkeit, geringe Festigkeit.
Einsatzbereiche
Mittelschwer (zug-)belastete Teile wie größere Maschinenbetten, Gehäuse für größere Getriebe, Motorengehäuse, Pumpenkörper, Ventilkörper, Grundplatten.
Eigenschaften
Bessere Festigkeit als GJL 200, gute Bearbeitbarkeit.
Einsatzbereiche
Höher belastete Maschinenteile, die eine höhere Festigkeit erfordern, wie große Getriebegehäuse, Pressgestelle, schwere Maschinenbetten, große Pumpenkörper.
Eigenschaften
Höhere Festigkeit als GJL 250, immer noch gute Bearbeitbarkeit.
Einsatzbereiche
Bauteile in der Automobilindustrie (Achskörper, Bremstrommeln, Lenkungsteile), mittelschwer belastete Maschinenbauteile.
Eigenschaften
Gute Festigkeit und Zähigkeit, besserer Verschleißwiderstand als GJL.
Einsatzbereiche
Hochbelastete Automobilkomponenten (Lastwagenachsen, Getriebeteile), schwere Maschinenbaukomponenten, Landmaschinen, Baumaschinenkomponenten.
Eigenschaften
Noch höhere Festigkeit als GJS 400, dafür weniger zäh. Bricht also früher.
Einsatzbereiche
Sehr hoch belastete Teile wie schwere Fahrzeugteile, große Industriegetriebe, Komponenten für schwere Maschinen und Baumaschinen.
Eigenschaften
Hohe Festigkeit und sehr gute Zähigkeit.
Einsatzbereiche
Extrem beanspruchte Bauteile in anspruchsvollen Anwendungen wie Teile für Bergbaumaschinen, schwere Baumaschinenkomponenten, hochbelastete Teile in der Energieerzeugung.
Eigenschaften
Höchste Festigkeit, dafür geringste Zähigkeit. Daran beißen sich die Fräser wortwörtlich die Zähne aus. Richtig hart, also wenig Verschleiß.
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