Der CASTFAST BlogMärz 2024

Hochkomplex, aus dem Stand: 50 Jahre altes Leitschaufelgehäuse für Riesenpumpe nachgegossen

Ein kritisches Ersatzteil für eine Kühlwasserpumpe, die in einem deutschen Kraftwerk im Einsatz ist, konnte nicht mehr vom Originalhersteller bezogen werden. Zeichnungen oder gar ein Modell für das ultrakomplexe Gussteil (Leitschaufelgehäuse, Pumpenbaujahr 1971) gab es auch nicht mehr. Dank der Kombination aus Präzisionsvermessung und modellosem Guss (3D-Sanddruck) konnte das Pumpenbauteil dennoch gefertigt werden. Und beim nächsten Mal geht es dann sogar auf Knopfdruck.

 

Pumpenspezialist GVT kümmert sich um die Instandhaltung der Kühlwasserpumpen des Kraftwerkes. Um langfristig den Betrieb älterer Pumpen zu gewährleisten, wird immer mindestens eins der selten benötigten Ersatzteile auf Lager vorgehalten. Als das letzte Originalersatzteil des Leitschaufelgehäuses zum Einsatz kam, musste ein neues fürs Regal her. GVT wandte sich an das CASTFAST-Team, um das Bauteil mit Hilfe von 3D-Sanddruck-Technologie als Einmalgussteil nachzugießen. Das modellose Verfahren ist für komplexe Einmalteile oft das einzige wirtschaftliche Verfahren, lohnt sich aber aufgrund seiner Geschwindigkeit und Präzision auch für einfachere Gussteile in kleinen Serien.

 

Altes Bauteil, Modernes Gießverfahren

 

Marcel Tschillaev von CASTFAST, erklärt:

 

„Die Pumpe wiegt über 10 Tonnen und misst sechs Meter in Länge. Das Leitschaufelgehäuse ist dabei das größte Gussteil und hat ein ziemlich kompliziertes Innenleben. Zur Herstellung des Originalteils wurden vor 50 Jahren einmal hochkomplexe Sandformen mit aufwendigen Kernen verwendet. Diesen Prozess heute so zu wiederholen, wäre für ein einziges Ersatzteil nicht wirtschaftlich. Die Komplexität käme den Kunden teuer zu stehen und würde eine monatelange Modellbauphase bedeuten. Mit 3D-Sanddruck können wir die Form direkt drucken, ohne Aufpreis für Komplexität.“

 

Die schiere Größe des Leitschaufelgehäuses hat das Team dennoch vor Herausforderungen gestellt. Zwei Probleme galt es zu überwinden: Erstens braucht der 3D-Sanddrucker zwar kein Holzmodell, um die Gießform zu erstellen, ganz ohne alles geht es aber auch nicht. Die Druckdatei braucht 3D-Daten zum Bauteil. Es lagen aber nicht einmal Zeichnungen vor.

 

 

Denis Germann von GVT erklärt: „Um Zeichnungen des Ersatzteils zu rekonstruieren, arbeiten wir mit den Vermessungsspezialisten von Sigma 3D zusammen. Diese vermessen sehr große Teile auch vor Ort, mit Hilfe von mobilen 3D-Scannern und ausgeklügelter Software. So konnten wir dem CASTFAST-Team direkt die 3D-Daten schicken.“

 

Ein Kern mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad

 

Das zweite Problem war die Größe des benötigten Kerns, um die Innengeometrie des Leitschaufelgehäuses abzubilden. Kerne werden normalerweise einfach im 3D-Sanddrucker mitgedruckt. Dieser Kern, mit einem Durchmesser von über einem Meter, sprengte aber den Bauraum der Sanddrucker bei CASTFAST. Er musste extern in einem noch größeren Drucker gedruckt, sicher in Sand verpackt, verschickt und in der Gießerei in letzter Minute vorsichtig ausgepackt und in die Form eingebaut werden.

 

Der Abguss erfolgte im Dezember 2023 in Mainz. Danach ging es in die Nachbearbeitung und Beschichtung, um das Leitschaufelgehäuse salzwasserbeständig zu machen. Zum Abschluss folgte noch die Reise nach Bremen, auf den Spezialprüfstand für extragroße Pumpen. Danach ist das neue Pumpenteil einsatzbereit und kann jederzeit einspringen, wenn das momentan installierte, letzte Originalbauteil nicht mehr kann.

 

Denis Germann schließt:

 

„Sehr alte Pumpenteile durch Reverse Engineering von Grund auf neu fertigen zu müssen – das kommt nicht oft vor. Meist können wir sie noch vom Originalhersteller beziehen. Wenn das nicht möglich ist, steht uns jetzt mit 3D-Sanddruck vom CASTFAST-Team ein Verfahren zur Verfügung, das den Prozess für uns um einiges einfacher macht. Und wenn wir das nächste Mal dieses spezifische Ersatzteil benötigen, können wir es auf Knopfdruck bestellen.“

 

Steckbrief

 

Bauteilgröße (Rohguss): 1400x1400x1050 mm
Bauteilgewicht: 2500 kg
Material: EN-GJL-250
Verfahren: 3D-Sanddruck:
Form: Quarzsand mit Furanharzbinder
Kern: extra feiner Quarzsand mit Furanharzbinder

 

Beteiligte Partner